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Yardi Kube
Coworker mögen vor allem kleine Coworking Spaces. Aber nicht alles was man mag, muss ja auch tatsächlich gut sein. Denk nur an den Berg von Osterschokolade am letzten Wochenende. Welche Vorteile bieten also kleine Coworking Spaces gegenüber den großen? Für die Bewertung kramten noch einmal in den Daten der Global Coworking Survey wühlten wir diesmal auch in der soziologischen Forschung und interpretierten einen Teil der Ergebnisse mit Hilfe von Mark Granovetters Werken, einem bekannten Netzwerktheoretiker.
By Carsten Foertsch - Dienstag, 26. April 2011

Zunächst einmal existieren keine schwerwiegenden Nachteile, die allein auf die Größe eines Coworking Spaces zurückzuführen wäre. Okay, ein Coworking Space mit nur einer Person bringt definitiv wenig und für Orte mit 150 oder 1500 Plätzen fehlen uns auch geeignete Daten. Es gibt einfach zu wenige davon. Für alles dazwischen gibt es jetzt eine Antwort.

Zunächst sinkt die Wahrscheinlichkeit für Teamarbeiten bereits ab einem Coworking Space mit mehr als zehn Plätzen rapide, sie fällt jedoch auch bei Orten mit 60 Plätzen und mehr nicht unter 50%. Die Chancen auf allgemein bessere Interaktionen nimmt gleichzeitig dagegen nur leicht ab. In kleinen Coworking Spaces berichten 95% aller Befragten von einer verbesserten Interaktion, in Lokationen mit mehr als 60 Plätzen sind es jedoch immer noch 84%.

Leute, die vor allem unkomplizierter und besser organisiert arbeiten möchten, sind in kleinen Coworking Spaces ebenfalls etwas besser aufgehoben und können nach der Arbeit auch leichter zu Hause abspannen. Die Unterschiede sind mit Ausnahme des Entspannungsfaktors ab einer Größe von 10 Plätzen und mehr jedoch nicht stark ausgeprägt. Coworker können in Coworking Spaces aller Größen ihre Arbeitsplatzsituation in diesen Punkten entscheidend verbessern.

Interessant wird es bei den ökonomischen Effekten. Hier steigen die Einkommen, je größer die Coworking Spaces ausfallen. Insbesondere Orte mit 40 bis 59 Plätzen bieten dafür offensichtlich ein gutes Format. Auch in allen anderen Verbesserungskriterien schneiden sie oft ein wenig besser ab als die anderen Coworking Spaces.

Einen Grund vermuten wir in den Netzwerken der Coworker, die sich mit unterschiedlicher Größe der Arbeitsräume quantitativ und qualiativ ungleich entwickeln. Über die Netzwerke innerhalb der Coworking Spaces erhoben wir mit der ersten Ausgabe der Global Coworking Survey noch sehr wenige Daten. Sie werden im Zentrum der zweiten Erhebung im September stehen. Wir können jedoch über einige aktuelle Ergebnisse und ein wenig theoretischer Arbeit bereits einige Schlussfolgerungen ziehen.

In seinem Werk „The Strength of Weak Ties“ untersuchte der Soziologe Mark Granovetter die unterschiedlichen Vorteile zwischen starken und schwachen Bindungen von Akteuren. Sie reichen von Bekanntschaften (weak ties), bis zu intimen, langdauernden und daher starken Beziehungen (strong ties).

Starke Beziehungen (1) verbringen mehr Zeit miteinander, (2) verbindet eine höhere Intimität, sind sich (3) untereinander vertrauter und (4) tauschen – analog zu vielen Theorien über Sozialkapital bei Pierre Bourdieu, James Coleman oder Robert D. Putnam – mehr und umfangreichere Leistungen miteinander aus.

Eine starke Beziehung zwischen zwei Akteuren führt dazu, dass sie sich ähnlicher werden, wenn sie sich nicht schon längst ähnlich sind. Für eine auf starken Bindungen und viele gemeinsame Werte basierende Gemeinschaft in einem Coworking Space bedeutet dies eine erhebliche Steigerung der untereinander ausgetauschten Unterstützungsleistungen.

In unserer Untersuchung können wir können keine direkten Aussagen über die Beziehungen der Coworker, ihre Vertrautheit und Intimität untereinander treffen. Allerdings existieren Ergebnisse zu Ähnlichkeit, den miteinander verbrachten Zeitumfang und der Anzahl von Personen, welche die Coworker mit Hilfeleistungen unterstützen.

Coworker in kleinen Coworking Spaces verbringen deutlich mehr Zeit miteinander. In den kleinsten Coworking Spaces arbeiten 75% aller Coworker täglich, 85% von ihnen besitzen einen permanenten Schreibtisch, flexible Typen werden – anders als bei den großen Schwestern – praktisch gar nicht erst angeboten.

Weil diese Coworking Space aufgrund ihrer Größe recht übersichtlich sind, Mitgliedschaften absolut freiwillig eingegangen werden und auch die Bindung der Coworker an ihren Coworking Space steigt, je kleiner sie ausfallen, vermuten wir ebenso intimere und vertrautere Beziehungen untereinander.

Die Ergebnisse zeigen bei kleineren Coworking Spaces weiterhin eine stärkere Ähnlichkeit bei Bildungsgrad, Einkommen und Alter. Obwohl sie sich diesbezüglich eigentlich auch stark voneinander unterscheiden könnten, scheinen Coworker mit besonders hohem Bildungsgrad und etwas höherem Durchschnittseinkommen gerade kleinere Coworking Spaces zu bevorzugen.

Coworker in den kleinen Coworking Spaces unterstützen sich im Ergebnis tatsächlich ebenfalls deutlich öfter untereinander. Unterstützung wird bei bei größerer Ähnlichkeit ernster angenommen und ist zielorientierter auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.

In den kleinsten Coworking Space liegt die durchschnittliche Zahl der Personen, die einem Coworker innerhalb von zwei Monaten halfen und er oder sie davor nicht kannte, bei 10. Sie erhalten also Unterstützung von mehr Personen, als durchschnittlich am Tag in dem Coworking Space arbeiten.

Wieso? Weil eine starke Beziehung zwischen zwei Akteuren nicht nur dazu führt, dass sie sich ähnlicher werden, sondern bei einer weiteren starken Beziehung eines Coworkers zu einem Dritten, eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass auch ein anderer Coworker aus diesem Space dem Dritten sehr ähnelt, sie sich bei Besuchen im Coworking Space kennenlernen, und sich gegenseitig schneller Unterstützung bieten.

Mit zunehmender Größe des Coworking Space sinkt die Zahl auf fünf oder sechs Unterstützung leistende Personen in zwei Monaten, bei den ganz großen sind es wieder sieben. Weil die Möglichkeiten für neue Bekanntschaften in den großen Coworking Space jedoch erheblich steigen, einfach weil mehr Coworker an einem Ort arbeiten, fällt die Zunahme jedoch recht bescheiden aus.

Es existiert also eine Sättigungsgrenze an neuen Bekanntschaften, oder man lässt sich nicht in größeren Spaces schwerer auf solche Bekanntschaften ein.

Warum führen die  umfangreicheren Unterstützungsleistungen nun ausgerechnet in diesen kleinen Coworking Spaces nicht zu Vorteilen wie einem stärker steigenden Einkommen? Die Ähnlichkeit der Akteure bewirkt, dass sie oft auch über ein ähnliches Wissen verfügen. Input über neue oder überraschende Entwicklungen gelangen schwieriger in diese Gemeinschaften. Insbesondere für leicht zu teilende Information fehlen Brücken.

Für Granovetter liegt darin die Stärke der schwachen Bindungen, wie sie  bei Coworking Spaces wahrscheinlicher werden, wenn sie einen höheren Anteil an flexiblen Tischen bieten und sich damit auch für Coworker öffnen, die nicht täglich in diesem Coworking Space arbeiten.

Akteure, die weniger Zeit miteinander verbringen, teilen möglicherweise seltener die gleichen Werte, sie sind daher auch weniger motiviert zu helfen, sie bieten jedoch einen besseren Zugang zu neuen Informationen, weil sie sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch in anderen sozialen Zirkeln bewegen.

Sie bilden also die Brücken, die mehr Beziehungspfade erzeugen und verhelfen zu einem Informationsfluss unter Gruppen, die ansonsten voneinander getrennt sind. Das ist nicht nur bei kleinen Tipps ein großer Vorteil, sondern hilft den Coworkern auch beim Anlandziehen neuer Projekte, ein Vorzug, den Granovetter bereits in seinem Werk „Getting a Job“ beschrieb.

Wir können keine Empfehlung über die perfekte Größe abgeben, zumal ein gutes Konzept von mehr als der Anzahl an Sitzplätzen abhängt. Ein guter Coworking Space achtet jedoch darauf, dass sich in ihm Gemeinschaften bilden, die einen Kern von Werten teilen und täglich erscheinen, um nicht auseinander zu brechen. Gleichzeitig öffnen sie sich mit flexibleren Mitgliedschaften und Tischen für weitere Coworker, die aufgrund der selteneren Nutzung des Coworking Spaces auch schwächere Bindungen zu den anderen Coworkern ausbilden können.

Genau aus diesem Grund gehören Offenheit und Zugänglichkeit zu wichtigen Voraussetzungen, die hinsichtlich eines höheren Einkommens eine produktive Zusammenarbeit ermöglichen. Und wohl auch ein Grund (aber nicht der einzige), warum Coworking Spaces mit zunehmender Größe ihr Konzept besser an Außenstehende vermitteln und sich trotz der abnehmenden Bindung der Coworker zu ihnen über eine stabil hohe Zufriedenheit freuen können.

In diesem Spannungsverhältnis zwischen Offenheit und Geschlossenheit, starken und schwachen Bindungen, finden mittelgroße Spaces sicher einfacher als ihre ganz kleinen oder riesigen Geschwister den optimalen Weg  Aber letztlich kommt es für alle drauf an, auf eine gute Mischung zu achten. Der perfekte Coworking Space basiert auf starken und schwachen Bindungen.

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Alle Artikel zur ersten weltweiten Coworking-Befragung:

Start: Was Coworker an ihren Coworking Spaces mögen

Teil 1: Was Coworker wollen

Teil 2: Wer arbeitet als Coworker?

Teil 3: Die Coworking Spaces

Teil 4: Coworking Girl vs. Coworking Boy

Teil 5: Coworker in den USA

Teil 6: MacOS vs. Windows - Firefox vs. Chrome

Teil 7: Coworking in Großstädten und Kleinstädten

Teil 8: Die (Noch)-Nicht-Coworker

Teil 9: Europa vs. Nordamerika

Teil 10: Die veränderten Bedürfnisse der Coworker mit der Zeit

Teil 11: Die Stärken kleiner und großer Coworking Spaces

Teil 12: Die Altersgruppen

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