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Die Bundesarbeitsministerin Nahles brachte letzte Woche ein neues Gesetz auf den Weg, das nächstes Jahr in Kraft treten soll. Mit dem vieldeutig formulierten Gesetz wird die Arbeit von vielen Selbstständigen in Zukunft erschwert. Trotz zahlreicher Einwände verschiedener Verbände möchte die Ministerin ihren Entwurf dafür unverändert durch den Bundestag bringen. Deskmag befragte zusammen mit dem VGSD Selbstständige in Deutschland, inwieweit sich Nahles' Entwurf in der Praxis eignet. Außerdem konnten die Teilnehmer bewerten, wie sehr sie sich mit ihren Anliegen von Politikern und Verbänden vertreten sehen. An der Studie nahmen mehr als 3500 Selbstständige teil.
By Carsten Foertsch - Sonntag, 07. Februar 2016

Kommentierte Auswertung der Freelancer Survey Deutschland

Knapp 99% der Selbstständigen in Deutschland sehen ihre Anliegen von der Bundesarbeitsministerin nicht vertreten. Etwa 89% von ihnen bewertet ihre Arbeit für Selbstständige als schlecht, mehr als Dreiviertel sogar als sehr schlecht. Auf das Politikbarometer umgerechnet, entspräche dies einer Note von -4,1. Dies würde mit weitem Abstand dem schlechtesten jemals in Deutschland gemessenen Wert für eine politische Spitzenkraft bedeuten - zumindest aus Sicht der Selbstständigen.

Mindestlohn eingeführt, Mütterrente und Rente ab 63 umgesetzt. Bundesarbeitsministerin Nahles verwirklichte in dieser Legislaturperiode schon einige ihrer Vorhaben. Mit ihnen stieg zeitweise auch die allgemeine Zufriedenheit mit ihrer Arbeit. Nur bei den Selbstständigen kommt sie mit ihren Projekten kaum an. Für sie plant die Ministerien bürokratische Monster, mit der selbstständige Arbeit zukünftig unattraktiver wird. Regelungen, die ihnen bereits heute die Kunden vergraulen und sie auch dann als scheinselbstständig verurteilen, wenn sie es nicht sind. Regelungen, auf die sie sich auf dem Rechtsweg anschließend mühsam wehren müssen. Und der Rechtsweg kann in unterbesetzten deutschen Behörden viel Zeit beanspruchen, vor allem bei einer diffusen Rechtslage. 

Mit dem neuen Gesetz soll Selbstständigkeit anhand komplexer Kriterien in einer mehrdeutigen und nicht weiter spezifizierten "Gesamtbewertung" gesetzlich definiert werden. Wer als scheinselbstständig eingestuft wird, kann in der Konsequenz vorerst nicht mehr als Selbstständiger arbeiten und soll rückwirkend in die notorisch klamme Rentenkasse zahlen. Wird jedoch im entsprechenden Alter weniger davon erhalten.

Nahles zeigt nordkoreanisches Demokratieverständnis

Problematisch ist allerdings nicht nur das geplante Gesetz. Ergebnisse von 99% versprühen nordkoreanisches Flair, selbst wenn es sich nicht um Zustimmung handelt. Die Teilnehmer konnten sich frei für die Teilnahme entscheiden und anonym antworten. Mehrfachteilnehmer wurden über ein statistisches Kriterium nur einmal berücksichtigt. Die Fragen waren neutral formuliert.

Nordkoreanisch scheint allerdings das Demokratieverständnis der Bundesarbeitsministerin. Sie verweigert bis heute jeglichen Dialog mit den Selbstständigen und ignoriert ihre Anliegen. Sie spricht nicht mit Vertretern von 10% aller Erwerbstätigen in Deutschland. Sie spricht mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Bundesverband der deutschen Arbeitgeber, von denen sich die wenigsten Selbstständigen vertreten sehen. Vom DGB nur 1%, vom BDA ganze 3%. 

Für eine Ministerin, die für Inklusion und Gleichberechtigung eintritt, sind solche diskriminierenden Wege der Partizipation, euphemistisch interpretiert, verstörend. Wenn Politiker in Deutschland etwas missbilligen, nutzen sie gern Hülsen wie “Armutszeugnis”, “einen Schlag ins Gesicht von” , “Ohrfeige für”,  oder “aufs Schärfste verurteilen”. In der Bewertung der meisten Selbstständigen liegt die Bundesarbeitsministerin noch weit darunter. Man mag nur hoffen, dass diese Botschaft bei Frau Nahles endlich ankommt. 

Überwältigende Mehrheit der Selbstständigen arbeitet gern selbstständig

Die Befragung umfasste weit mehr Themen als die Arbeit der Bundesministerin. Manche Politiker und Gewerkschaftsvertreter meinen, die meisten Selbstständigen würden eine angestellte Arbeit bevorzugen und seien gegen ihren Willen selbstständig tätig. 95% (!) aller Selbstständigen sehen es umgekehrt. Sie arbeiten gern und freiwillig als Selbstständige. Bei Soloselbstständigen liegt der Anteil mit 93% nur leicht darunter. 

Scheinselbstständige stehen für eine Minderheit unter Selbstständigen

Insgesamt bezeichnen sich knapp 16% der Soloselbstständigen als scheinselbstständig, bei den Selbstständigen mit Angestellten sind es etwa 8%. Eine deutliche Mehrheit von mehr als 79% bei den Soloselbstständigen und 90% bei denen mit Angestellten arbeitet nach eigener Aussage dagegen regulär selbstständig. Warum diese deutliche Mehrheit mit zusätzlichen und komplexen wie unsicheren Regelungen belastet werden soll, bleibt daher unverständlich.

Letztlich verurteilt die Bundesregierung präventiv Selbstständige und schränkt damit ihre Wahlfreiheit ein. In einem demokratischen Land sollte jeder Erwerbstätige selbst entscheiden können, wie er oder sie arbeiten möchte - als Selbstständige, Angestellte oder Beamte. Nur knapp 15% der Befragten, die sich als Scheinselbstständige bezeichnen, würden allerdings in ihrer derzeitigen Tätigkeit lieber angestellt sein und arbeiten unter Zwang selbstständig. Für diese Personen sollte das Bundesarbeitsministerium eine Lösung finden, die keine freiwillige Selbstständigkeit per se verhindert.

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