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Selbstständige verlieren schon heute wegen dem Thema Kunden

Seit mehreren Jahren beschäftigt das Thema Scheinselbstständigkeit den politischen Betrieb. Seither verschlechtern sich allerdings auch die Arbeitsbedingungen für Selbstständige, die nicht scheinselbstständig arbeiten. 

In den letzten beiden Jahren boten Auftraggeber fast jedem dritten befragten Selbstständigen eine Beschäftigung über einen (provisionspflichtigen) Vermittler an. Jeder fünfte (!) erhielt überhaupt keinen Auftrag, weil das Thema Scheinselbstständigkeit und mögliche Strafzahlungen die Auftraggeber verunsicherten. Diese Entwicklung alarmiert vor allem im Vergleich. Echten Selbstständigen wurde der Auftrag genauso häufig abgesagt wie Scheinselbstständigen. Selbstständige, die selbst Angestellte beschäftigen, kommen mit der Rechtsunsicherheit noch schlechter klar als Soloselbstständige.

Statusfeststellungsverfahren sind unpopulär 

Jeder Selbstständige kann bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) freiwillig seinen Status feststellen lassen. Bisher führte dies nicht zu einem rückwirkend wie auch immer aussehenden Arbeitsvertrag mit dem Auftraggeber. Davon könnten manche Selbstständige - zumindest bis zu ihrer Kündigung - natürlich auch profitieren. Das geplante Gesetz würde dies zukünftig so festschreiben. Dabei interessiert sich der Gesetzgeber allerdings weniger um bessere Vertragsbedingungen, sondern erlaubt der Deutschen Rentenversicherung die rückwirkende Einziehung von Rentenbeträgen - unabhängig davon, ob die Statusfeststellung zunächst rechtlich beanstandet wird oder nicht. In der Folge blieb bis zum Abschluss des zeitintensiven und kostenpflichtigen gerichtlichen Verfahrens der Status unklar.

Aktuell ließen etwa Dreiviertel aller Selbstständigen ihren Status bisher nicht prüfen. Echte Selbstständige (73%) und Scheinselbstständige (77%) unterscheiden sich in ihrem Verhalten dabei nur wenig. 

DRV schon heute blind bei Statusverfahren für Selbstständige

In der Vergangenheit wurde vermutet, die Deutsche Rentenversicherung würde seit 2009 die Verfahren zunehmend öfter negativ bescheiden. Mit dieser Erhebung, die bisher nur einmal stattfand, kann ein solcher Trend nicht überprüft werden. Allerdings stellte die DRV bei mehr 93% aller befragten Selbstständigen, die ihr Verfahren beendeten, eine echte Selbstständigkeit fest. Fragwürdig wirken die Verfahren dennoch. Auch neun von zehn Befragten, die sich während der Umfrage als scheinselbstständig einstuften, erhielten einen positiven Bescheid. Sie arbeiten also in ihrer derzeitigen Tätigkeit als anerkannte Selbstständige.

Der außerordentlich hohe Anteil kann statistische Gründe besitzen. Möglicherweise arbeiten Scheinselbstständige mit einem negativen Status nicht mehr als solche, gleiches träfe jedoch genauso auf Selbstständige zu. Die extreme Ähnlichkeit der Ergebnisse erklärt sie kaum. Die Erhebung trifft keine Aussage darüber, wie professionell oder unprofessionell die DRV bei ihren Verfahren vorgeht. Sie lassen jedoch einen wenig profunden Arbeitsablauf vermuten. 

Das Bundesarbeitsministerium möchte nun der Deutschen Rentenversicherung, die bereits heute überfordert scheint, gesetzliche Kriterien in einer komplexen Gesamtbewertung vorschreiben, mit denen Scheinselbstständige und Selbstständige voneinander zu unterscheiden sind. Fraglich bleibt, wie ein noch komplizierterer Bewertungsvorgang mit zehn Kriterien in einer rechtlich diffusen Gesamtbewertung die Verfahren verbessern sollen. Standardisieren lassen sie sich mit den Kriterien nicht, wie ein Blick auf die Ergebnisse zeigt. 

96% aller Selbstständigen erfüllen mindestens ein Kriterium für Scheinselbstständigkeit

Einerseits eignen sie sich als Indikatoren für die Wahrscheinlichkeit einer Scheinselbstständigkeit. Die befragten Scheinselbstständigen erfüllen signifikant und deutlich öfter die formulierten Kriterien als echte Selbstständige. 48% der Scheinselbstständigen würden mehr als sieben Kriterien erfüllen, die für eine Scheinselbstständigkeit sprächen. Bei den echten Selbstständigen sind es nur 12%. 

Andererseits können mit ihnen beide Gruppen dennoch nur sehr schwer voneinander unterschieden werden. Lediglich 4% aller echten Selbstständigen erfüllt kein Kriterium. 96% von ihnen hingegen fielen zumindest unter den Anfangsverdacht, zum Schein selbstständig zu arbeiten, weil auf ihnen mindestens ein Kriterium des geplanten Gesetzestextes zuträfe. Im Durchschnitt erfüllen 3,7 von 10 Kriterien bei den echten Selbstständigen theoretisch diesen Verdacht, bei den Scheinselbstständigen sind es im Mittel 6,2 von 10. Beide Gruppen überlappen sich allerdings in der Mitte derart, dass sich die Kriterien in der Gesamtbeurteilung nicht für ein standardisiertes Verfahren zur Unterscheidung beider Gruppen eignen.

Leider verrät Andrea Nahles auch bei diesem Thema nicht wie sie eine faire, transparente und rechtssichere Gesamtbewertung erreichen möchte, schon gar nicht im Gespräch mit Selbstständigen. 

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Alle bisherigen Ergebnisse fassten wir in einer Präsentation zusammen, die du als PDF (2,6 MB) auf http://bit.ly/SLIDES2016 herunterladen kannst.

Eine detailliertere Analyse veröffentlichte der VGSD in einer Serie von zehn Artikeln auf seinen Seiten.

Weitere Informationen über das Gesetz erhältst du ebenfalls auf den Seiten des VGSD. Hier findest du auch eine Petition gegen das Gesetz.

In den nächsten Wochen publizieren wir weitere Ergebnisse. Möchtest du darüber rechtzeitig informiert werden, melde dich bei unserem Newsletter für Selbstständige an.

Update 19.02.2016: Nahles entschärft Kriterienkatalog (Tagesspiegel)

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